Hauptbahnhof (Color-Key) • Dresden

Dresdner Hauptbahnhof im Schnee // Farbtemperatur und Color-Key

Die Idee

Lange Zeit führte mein täglicher Arbeitsweg über die Budapester Brücke, von der aus man den Hauptbahnhof Dresden und das davorliegende Schienengeflecht sehr gut sehen kann. Der Bahnhof im Hintergrund, die Linienführung der Schienen und das ganze als Langzeitbelichtung mit Lichtspuren ein- und ausfahrender Züge. Das könnte ganz cool aussehen. Dazu kommt derzeit gerade noch, dass es ordentlich geschneit hat, der Schnee mit dem Schienennetz einen noch besseren Kontrast liefert und es dadurch noch eindrucksvoller wirken könnte.

Das Shooting

Pünktlich zu Beginn der blauen Stunde war ich auf der Brücke, hatte ein paar verschiedene Blickwinkel ausprobiert und schlussendlich einen Standort für eine gute Fotoperspektive gefunden. Das Stativ war schnell aufgebaut und die Kamera eingestellt. Was die ersten Fototests zeigten: Ich war viel zu zeitig dran. Für eine anständig lange Langzeitbelichtung war es noch zu hell, geschweige denn für schöne Lichtspuren der ein- und ausfahrenden Züge. Graufilter hätten mir hier super weitergeholfen, nur besaß ich noch keine. Also Fotoequipmenteinkaufsliste im Kopf ergänzt und geduldig geblieben — macht sich übrigens super bei Temperaturen deutlich unter 0°C. Nach knapp einer Stunde trat ich mit ein paar fast abgefrorenen Zehen aber auch mit einigen Fotos auf der Kamera den Heimweg an.

Die Bearbeitung

Nutzung unterschiedlicher Farbtemperaturen

Foto #1 // Warme Farbtemperatur

Hauptbahnhof, Dresden

Dieses Bild gibt die Farbgebung wieder, wie sie durch den automatischen Weißabgleich der Kamera bei der Belichtung eingefangen wurde. Die wärmere Farbtemperatur passt gut zum Bildmotiv, da die Lichtspuren des ausfahrenden Zuges auch gelb sind.

Die dominierenden Farbtöne gelb und lila harmonieren als Komplementärfarben (Farbzweiklang im Ittenschen Farbkreis) gut miteinander. Durch die „Lichtverschmutzung“ der Stadt ergibt sich am Himmel zudem ein schöner Farbverlauf von gelb bis lila. Damit der Farbverlauf im Himmel auch richtig zur Geltung kommt, habe ich dieses Bild im Seitenverhältnis 3:2 belassen.

Foto #2 // Kühle Farbtemperatur

Hauptbahnhof, Dresden

Ein Zug fuhr gerade in den Bahnhof ein und erzeugte demzufolge rote Lichtspuren. Die Farbtemperatur habe ich deutlich in den kälteren Farbbereich gezogen, um Winter-like die fröstliche Atmosphäre zu erzeugen. Zudem harmonieren hier die Grundfarben rot, gelb und blau als Farbdreiklang aus dem Farbkreis gut miteinander.

Bei diesem Bild habe ich mich für das Seitenverhältnis 16:9 entschieden. Der Himmel selbst ist einfach nur blau. Insofern würde mehr Himmel einfach nur mehr blaue Fläche bedeuten. Viel mehr kommen aber in diesem Foto die Farbwechsel zwischen gelb und blau im Schnee zwischen dem Schnienennetz je nach Ausleuchtung durch die Lampen zur Geltung, sodass ich durch den Zuschnitt dem Motivbereich mehr Gewichtung gegeben habe.

Bildbearbeitung mit Color-Key

Allgemeines

Color-Key ist ja sowas von out!

Diesen Spruch liest man oft und gern bei Fotos, die mit Color-Key — oder auch Selective Color — bearbeitet wurden. Jeder kennt vermutlich die Fotos vom roten Londoner Doppelstockbus vorm Piccadilly Circus. Roter Bus, der Rest ist schwarz-weiß. Oder auch von einer Dame in roter Unterwäsche. Die Unterwäsche rot, die Dame und der Rest in s/w.

Soll der Londoner Bus im Mittelpunkt des Fotos stehen, dann ist das Stilmittel Color-Key richtig angewandt, wenn man es denn mag. Bei der Lady sieht die Sache differenzierter aus. Ist die Frau der Mittelpunkt des Bildes, dann ist Color-Key fehl am Platz, weil es nicht die Frau in den Mittelpunkt rückt, sondern die Unterwäsche, die aber sicher nur schmückendes Beiwerk sein soll. Sieht man jedoch nur einen Bildausschnitt, der z. B. die weiblichen Kurven zeigt und das rote Höschen, was diese bedeckt, dann kann es wieder richtig eingesetzt sein. Weil Color-Key sehr oft falsch und wahllos genutzt wird, hat es leider einen derartig schlechten Ruf.

Einen Artikel zu diesem Thema, den ich sehr empfehlen kann mit sehr beeindruckenden Color-Key-Fotos gibt’s im Netz auf der Blogseite von #crtvty: crtvty.de/2016/05/29/warum-color-keys-so-mächtig-sind-und-warum-so-viele-sie-falsch-einsetzen/

Foto #3 // Color-Key

Hauptbahnhof, Dresden • Color-Key

Bei der Bearbeitung dieses Bildes — ursprünglich war es ein Farbfoto — habe ich in Lightroom mit der HSL-Tabelle zunächst die Sättigung sämtlicher Farben außer rot auf Null herabgesetzt und danach noch ein paar Standardentwicklungsschritte für s/w-Fotos vorgenommen. Damit hatte ich meine Vorlage, um mit Photoshop ins Feintuning gehen zu können.

Sämtliche rote Lichtquellen reflektierten sich im Schnee und sorgten für großflächig rot eingefärbte Schneebereiche. Aber auch die warmweißen Lampen führten mitunter zu dunkelorangen und damit dem eher roten Farbspektrum zuzuordnenden Stellen. Ich habe meine Ausgangsebene kopiert und die Sättigung der Kopieebene auch für rot auf Null gesetzt. Somit hatte ich jetzt ein rein schwarz-weißes Bild hinter meiner Ausgangsebene liegen. Im Anschluss daran habe ich die Bereiche aus der oberen Ebene wegretuschiert, die noch rot erschienen, die ich aber nur s/w sichtbar haben wollte.

Der Fokus lag nun — wie ich es wollte — auf den roten Lichtspuren des ausfahrenden Zuges, den roten Lichtquellen und den zwei roten Lokomotiven. Später habe ich das Bild noch großformatig auf Alu-Dibond Butlerfinish — einer gebürtsteten Aluminiumplatte — drucken lassen. Solche Fotos eignen sich sehr gut für einen AD Butlerfinish-Druck und haben bei Sonneneinstrahlung eine sehr coole Wirkung.

Wie findest Du meine Umsetzung mit Color-Key? Oder gefallen Dir die farblichen Entwicklungen besser? Ich freu mich über Dein Feedback!

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